RGE – Ruderwanderfahrt
auf der Warthe 5. bis 12. Mai 2018

Bild

Die Teilnehmer der Warthe-Wanderfahrt (Bild: Jens Thomson)

 

Eberbach (are) Anfang Mai stand etwas Besonderes auf dem Programm der Rudergesellschaft Eberbach (RGE): Eine Wanderfahrt nach Polen, von Fritz Karl bereits Monate im Voraus sehr umsichtig geplant! Sieben Tage lang waren wir mit 16 Ruderern unterwegs. In zwei Kleinbussen fuhren wir via Frankfurt/Oder an unseren Ausgangspunkt Poznań (ehem. Posen) an die Warthe. Dort erwartete uns Łukasz, ein polnischer, ehemaliger Leistungsruderer, der Ruder-Wanderfahrten in Polen organisiert. Fritz und Łukasz hatten vorab mehrfach Kontakt, alles bestens organisiert bis hin zur Reservation der Quartiere. An insgesamt fünf Tagen ruderten wir 191 km Warthe abwärts von Poznań bis nach Gorzów ehem. Landsberg) einschließlich einer kleineren Erkundung der Notec (Netze). Von dort aus ging es in einem Schwung im Bus zurück nach Eberbach.

Rudern auf der Warthe
Im Ruderboot waren etwa 40 km pro Tag gut zu schaffen, denn die Warthe hat eine Strömung von etwa 5 km/h. Wenn wir also mal im Boot pausierten, ohne dass jemand ruderte, transportierte der Fluss unsere drei Doppel-C-Wanderboote (mit Steuermann) zügig weiter. Der Teil der Warthe zwischen Poznań und Gorzów gilt als leicht zu bewältigen, denn es gibt keinerlei Frachtschifffahrt. Wichtig ist, immer in der Flussmitte zu rudern, um nicht auf Sandbänken in Ufernähe aufzusitzen. Wir waren fast immer allein auf dem Fluss, trafen weder Motorboote noch andere Sportboote. Erst am Ziel, in Gorzów, das einen leistungsmäßig sehr erfolgreichen Ruderverein hat, trafen wir andere Ruderer und Kanuten auf dem Fluss.
Vom Boot aus haben wir Flora und Fauna genossen: Es war sehr viel Grün um uns herum, hinzu kamen Flieder in weiß, hell- und dunkellila, weiß und rot blühende Kastanien. Die Warthe passiert auf dieser Strecke zuerst eine Hügel-, später eine Heide- und Auenlandschaft. Hin und wieder sahen wir einen Aussichtsturm, allerdings kaum Häuser direkt am Fluss, da das Überschwemmungsgebiet der Warthe relativ breit ausgelegt ist. Während der gesamten Tour trafen wir viele uns auch vom Neckar vertraute Wassertiere: Schwäne, Enten und Gänse, Reiher, aber auch Störche, Eisvogel und Kibitz, sogar einen Seeadler haben wir gesehen. Und natürlich Weiden mit Kühen und Pferden.

Kulturelle Highlights
Wer wollte, hatte Gelegenheit, vier verschiedene Städte kennenzulernen, alle im Krieg zu großen Teilen zerstört: Auf eigenen Faust: Frankfurt/Oder und Wronki, eine Kleinstadt an der Warthe; Mit professioneller Stadtführung: Poznań (ehem. Posen) und Gorzów ehem. Landsberg).

Poznań , mit ca. 550.000 Einwohnern heute die fünftgrößte Stadt Polens, hat eine wunderschöne Altstadt. Insbesondere das Rathaus (italienischer Baumeister) und der historische   Marktplatz begeisterten uns. Sehr sehenswert soll auch die Dominsel mit Kathedrale sein, die wir allerdings nur vom Wasser aus sahen.

Gorzów, ca. 125.000 Einwohner, hat einen ganz anderen Marktplatz, denn nach der Zerstörung wurde er in sozialistischer Bauweise mit Plattenbauten für die arbeitende Bevölkerung wiederhergestellt; eine historische Häuserzeile ist lediglich »Fake«, dahinter verbirgt sich »Platte«. Einzig die historische Marienkirche (13. Jahrh.) blieb im Krieg heil, ein verheerender Brand aufgrund technischer Defekte hat im Juli 2017, just am Gründungstag der Stadt, vor allem den Turm stark zerstört. Er war bei unserem Bersuch eingerüstet, die Kirche wird derzeit wieder aufgebaut.

Frankfurt/Oder, ca. 55.000 Einwohner (sinkende Einwohnerzahl nach der Wende), ist die deutsche
Partnerstadt von Gorzów. Ein Bummel durch die Innenstadt, die in den letzten Kriegstagen zu über
90 % zerstört wurde, führte einige von uns zum Kleist-Museum, zur Viadrina (1991 offiziell neu gegründete Europa-Universität) und an die Oder-Promenade. Anhand eines Friedensdenkmals und etlicher Schautafeln – Texte auf deutsch und polnisch – wurde das schwere Kriegsschicksal dieser brandenburgischen Grenzstadt (Oder-Neisse-Grenze!), lebendig. Die Oderbrücke verbindet Frankfurt mit  Słubice   auf der polnischen Seite.

Dank und drei Botschaften am Schluss
Mit Ruderglück verbrachten wir sehr sonnige, überwiegend wolkenlose Tage und genossen ein sehr harmonisches, leichtes und freudvolles Gruppen-Miteinander. Von Fritz und Łukasz wurden wir exzellent, humorvoll und charmant betreut, Łukasz informierte uns außerdem umfassend und historisch sensibel über die wechselvolle polnische Geschichte, über Sitten und Gebräuche und
nicht zuletzt über die polnische Küche. Sein Vater hat an allen fünf Tagen das mittägliche Picknick am Ufer der Warthe organisiert, hervorragend unterstützt von unserem  »Landdienst«. Die Truppe hat idyllische Picknick-Plätze aufgespürt und uns bestens versorgt. Dank an unsere Organisatoren, an erster Stelle an Fritz Karl, ohne den diese Tour nicht zustande gekommen wäre! Dank aber auch an alle anderen, die mit persönlichem Einsatz und Frohsinn zum Gelingen der Wanderfahrt beigetragen haben.

Wir RGE'ler kehrten mit drei Botschaften nach Eberbach zurück:

1.  Diese Fahrt nach Polen war ein Beitrag zur Verständigung innerhalb von Europa. Über die wechselvolle deutsch-polnische Geschichte ist noch lange kein Gras gewachsen, was wir an eigenen Vorurteilen und Stereotypien spüren können. Łukasz und den beiden professionellen Stadtführern in Poznań und Gorzów ist es auf beeindruckende Weise gelungen, sowohl direkt als auch sensibel kritische Ereignisse zu benennen und die Balance zu halten zwischen polnischen und deutschen Empfindsamkeiten. Das Wichtigste: Vorurteile wurden abgebaut und Stereotypien hielten der Realität nicht stand. Das Interesse ist gewachsen, Polen – Land und Leute – noch besser kennenzulernen.

2.  Wir Deutschen gelten in Polen als sehr pünktlich, gut organisiert und vorausschauend in der Planung, um möglichst gegen alle Eventualitäten gefeit zu sein. In Polen wird auch gut geplant, doch die Polen meinen, sie seien besser als wir Deutsche darin geübt zu improvisieren sowie auf Überraschungen bis hin zu Pannen zu reagieren. Genau dann sind Fähigkeiten zum Tüfteln und Basteln gefragt, auf polnisch:»kombinować«. Dieses Wort und seine Bedeutung hat uns alle begeistert. Mit einem humorvollen Augenzwinkern in Gedanken an »kombinować « sind wir heim gekehrt: Ob wir davon noch mehr in unserem Alltag gebrauchen könnten?

3.  Ruderwanderfahrten der RGE sind in jeder Beziehung klasse! Wer schon rudern kann oder rudern lernen will, ist in der RGE willkommen. Wanderfahrten für Breitensportler sind selbstverständlich auch weiterhin im Angebot.

 

13.05.18

 

Weitere Bilder von der Warthe-Wanderfahrt